Wilhelm Leo Seite 10

Der Andreas öffnete den leicht angelehnten Hausladen etwas und brachte zu dem dahinter offenstehenden Fenster seine Forderung ein paar Mal an.

Er bekam aber keine Antwort, sondern äußerte seinem Herrn gegenüber nur, da liegt wohl einer mit einer Zipfelmütze im Bett, gibt aber keine Antwort!

Wohl oder über musste der Großvater auch absteigen und nachsehen. Am Fenster angelangt merkte er sofort, dass in dem Zimmer ein Totenlicht brannte. Er sagte dem Andreas, der kann uns keinen Schnaps mehr geben und wollte schon zum Wagen zurück, als er hörte, wie ein Fenster im höheren Stock sich leise öffnete und eine nicht sichtbare Person die Frage stellte, was begehrt werde.

Kurze Zeit darauf öffnete sich dann die Haustüre und ein in den 30iger Jahren stehende stattliches, sauberes Fräulein wurde um das Schnäpschen angegangen. Sie brachte sofort das Gewünschte und erklärte unter Tränen, die einzige Tochter ihres gestern  verstorbenen 70 Jahre alt gewordenen Vaters zu sein. Die Mutter sei schon länger tot und sie habe seither das Haus gehalten.

 

Durch das Gespräch der beiden Männer sei sie erwacht und habe zuerst das Gefühl gehabt, der Vater rufe nach ihr. Nach mehrmaliger Entschuldigung über die nächtliche Ruhestörung schieden sie, vorher den alten toten Mann noch ansehend und mit der Aufforderung des Fräuleins auf dem Rückwege wieder anzuhalten zum gleichen Zweck und zu einem Vesper. Der Großvater bedauerte wiederholt, dass ihm das leider nicht möglich war.

Der Privatier

Mit 50 Jahren hat sich der Großvater zur Ruhe gesetzt und sich direkt am Ufer der Enz, am Jörgenwaag, ein schönes Einfamilienhaus mit Stallung und kleinem Futterboden und Kutscherkammer erbaut. Er hielt sich viele Jahre ein Reit- und Wagenpferd. Man sah ihn öfters ausreiten. Mit seiner kleinen Einspänner-Chaise ist er öfters nach Höfen, nach seiner alten Heimat gefahren, um seine Verwandten zu besuchen.

Mein Bruder Franz, sein ältester Enkel, von ihm sehr geliebt, durfte schon als zwei-jähriger Bube jeden Morgen mit ihm vespern, meist ein warmes Fleisch, das der Enkel aber nur ausschlotzen sollte. Ob der Franz dadurch der Größte von uns wurde, sei dahingestellt.

Wie schon beschrieben war der Großvater Leo ein sehr gewissenhafter Familienvater, der alles im Auge hatte. Leider entging ihm aber die rechtzeitige Einsendung der Prüfungspapiere für den einjährig freiwilligen Dienst von

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